So, nun war es endlich soweit. Nach fast vier Wochen im heiligen Land, stand ich also auf der Ben-Jehuda-Straße in
Jerusalem auf eigenen Füßen. Kein Bruder war mehr zu sehen weit und breit. Gut, genau genommen stand einer direkt hinter mir und beobachtete mich, ob ich auch ja in die von ihm beschriebene Richtung gehe, nachdem er mich aus dem Auto gelassen hat. Am Abend davor saß er noch mit mir und insgesamt fünf verschiedenen Stadtplänen von Jerusalem und erklärte mir den Weg haargenau. Sind halt sehr besorgt um mich, die guten Brüder.
Nachdem ich also meinen Wanderrucksack mit allem drin, was man für eine Übernachtung, eine Wanderung und ein Badeerlebnis im
Toten Meer braucht, marschierte ich die lange Einkaufsmeile entlang. Ich ging durch das
Jaffa-Tor in die
Jerusalemer-Altstadt und von da aus direkt zum
Johanniter-Hospiz, wo immer donnerstags der Christus-Treff um 20 Uhr stattfindet und wo ich ja auch schon einmal war. Dort durfte ich die Nacht auf Freitag verbringen, da ich am Freitagmorgen um 7 Uhr bei einer Bushaltestelle in Jerusalem sein musste, um nach
Masada zu fahren. Vor dem Treffen, habe ich im Hospiz erst einmal meinen großen Wanderrucksack deponiert und bin dann losgezogen, um mir die Stadt ein wenig genauer anzuschauen und vertrauter zu machen. Als erstes habe ich den Weg zum
Neuen-Tor und
Damascus-Tor gesucht, durch die man aus der Altstadt heraus kommt. Als ich beide gefunden habe und dort ein wenig die Leute beobachtet habe die gerade den Marktplatz aufräumten, bin ich durch das muslimische Viertel der Jerusalemer-Altstadt marschiert. Plötzlich stand ich vor einer Kontrolle wie auf einem Flughafen. Nach kurzen überlegen musste ich feststellen, dass ich soeben die
Klagemauer erreicht habe, was mir wieder einmal verdeutlicht hat, wie klein Jerusalem eigentlich ist. Nachdem ich meine Taschen gelehrt hatte, stand ich also mitten auf dem Platz vor der Klagemauer. Wieder einmal ein sehr komisches Gefühl. Als es dann kurz vor acht war, bin ich wieder zurück zum Johanniter-Hospiz.
Der Christus-Treff-Abend war wieder einmal super. Thema war diesmal Wadi Qelt, in dem der barmherzige Samariter den überfallenden Verletzten gefunden und geholfen hat. Wadi heißt Bach und Qelt ist der Bachname. Dort fließt das Wasser nach den langen und starken Regenfällen ab. Da ein Wadi durch die wenigen aber dafür starken Regenfälle im Jahr nur selten nicht passierbar ist und in der restlichen Zeit ausgetrocknet, haben Menschen diese Wege schon lange benutz.
Die Nacht habe ich im Ölberg-Zimmer verbracht, welches das schönste Zimmer im ganzen Hospiz ist, da es der Aufenthaltsraum für die Gäste und Mitarbeiter ist.
Am Morgen wurde ich durch den Muezzin schon um 4.30 Uhr geweckt. Es war ein ganz komisches Gefühl. Ich kam mir vor, als wäre ich im Herzen von Europa eingeschlafen und im tiefsten Orient aufgewacht. Einer, wenn nicht sogar der merkwürdigste Moment in meinem Leben. Das war wirklich klasse. Diese Stimme, diese Klänge und diese Melodie die der Kollege verbreitet hat, echt der Wahnsinn. Ich dachte der steht vor meinem Fenster. Das Geniale ist, dass der live und ohne Lautsprecher gerufen hat. Eigentlich hört man die Stimme wohl nur über schlechte Lautsprecher, wie ich auch einen anderen Muezzin im Hintergrund gehört habe, der total scheppernd klang.
Morgens habe ich mir dann meinen kleinen Rucksack geschnappt und habe meinen großen Wanderrucksack im Hospiz gelassen, da ich den erst nach der Wanderung dort um 18.30 Uhr abholen wollte, um dann mit einem Bruder, der wieder in Jerusalem war, zurück nach
Latrun zu fahren.
Ich habe Jerusalem durch das Jaffa-Tor
verlassen und bin zu einem Parkplatz außerhalb der Altstadt gegangen und habe mich dort mit den anderen Teilnehmern getroffen. Insgesamt waren wir 32. Wir sind dann zum Toten Meer gefahren und an Jericho vorbei. Das ist übrigens die am tiefsten liegende Siedlung auf der Erde. Als wir am Toten Meer ankamen sind wir dann immer am Meer lang bis nach Masada gefahren. Dort haben wir uns gegenseitig kurz vorgestellt und sind dann losgewandert. Schon nach ein paar geschafften Höhenmetern hatte man eine klasse Aussicht und ich keine Kraft mehr. Schon da bemerkte ich, dass ich entweder alt werde oder die Jugend von heute einfach keine Weicheier mehr sind. Nachdem ich aber feststellen musste, dass ein alter Herr, eine etwas fülligere Dame und ein Mädchen in Schlappen nicht gerade schlechter aussahen als ich, konnte es nur an mir liegen. Die drei hätten eigentlich schon auf der Hälfte der Strecke streiken oder zusammenbrechen müssen. Der Blick von dort oben über die Wüste, das Tote Meer und die dahinter liegenden jordanischen Berge, ist aber die Strapazen wert gewesen. Wir sind dann so lange nach oben gewandert, dass die Festung von Masada fast auf einer Höhe zu uns lag. Von dort oben sah man noch die Umrisse von den Anlagen, wo die Römer sich aufgehalten haben. Es ging dann halb rum um den Berg, bis man den Rest der Rampe, die die Römer gebaut haben, sehen konnte. Von da aus haben wir die Festung im Rücken liegend verlassen und haben einen riesigen Kreis drum herum gemacht. Eigentlich wollten wir ja nach der Wanderung noch im Toten Meer baden und um 18.30 Uhr wieder in Jerusalem sein. Es war allerdings schon 18.05 Uhr, als wir von Masada losgefahren sind. Übrigens war ich einer der Ersten am Bus, was wieder einmal beweist, nicht die Kraft ist entscheidend, sondern die Ausdauer und das Durchhaltevermögen. Obwohl es schon so spät war haben sich dennoch alle gewünscht, noch mal schnell im Toten Meer baden zu dürfen. Ich habe daraufhin den Bruder, der mich mit zurück bringen sollte angerufen und gesagt, dass ich mit dem Bus nach Latrun kommen werde. Leider habe ich vergessen, dass Freitag war und damit
Sabbat, sprich da kann ich lange auf einen Bus warten, weil keiner fährt. Ich habe daraufhin im Johanniter-Hospiz angerufen und gefragt, ob ich noch einmal bei denen übernachten dürfte. Zum Glück war das für die kein Problem. Es war zwar schon stockfinster, aber wir haben fast Vollmond gehabt und sind dann in badewannenwarmes Wasser gestiegen. Man kann gar nicht beschreiben, was das für ein irres Gefühl ist dort zu schwimmen bzw. sich darin treiben zu lassen. Schwimmen geht eigentlich gar nicht, weil der Arsch und die Beine ständig oben sind. Das ist echt klasse das Gefühl. Wenn man senkrecht im Wasser ist, schaut der Körper rund 10 cm höher aus dem Wasser, als in normalem Wasser. Echt super, man kann gar nicht ertrinken. Auch die Haut fühlt sich unter Wasser ganz anders an. Sie ist unter Wasser so weich, wie ein Babypopo. Man muss nur aufpassen, dass man nicht mit dem Kopf unter Wasser geht. Es brennt in den Augen und im Mund. Da ich schon vorgewarnt wurde, habe ich nur ein bisschen an meinem Finger geleckt, woraufhin meine Zunge gebrannt hat wie sau. Als wir uns dann unter gefiltertem Wasser geduscht haben, sind wir wieder zum Bus und dann nach Jerusalem. Dort bin ich beim Damascus-Tor ausgestiegen und zum Johanniter-Hospiz gegangen. Habe ganze 10 Stunden schlafen können, plus kurzen Konzerts des Muezzins. Um 9 Uhr habe ich dort mit den Anderen gefrühstückt und bin von da aus durch das Neue-Tor zur anglikanischen Schule gegangen, wo zurzeit der Gottesdienst abgehalten wird und habe mich dort mit einem Bruder getroffen.